Obere Hauptstr. 15
Agenda-Gruppe „Bruchbuden ? Von wegen !“ Untersuchungen zum Anwesen Obere Hauptstr. 15Das Anwesen ist das am nächsten zur Stadtmitte gelegene der fünf direkt benachbarten Grundstücke, auf denen die älteste noch vorhandene Häuserzeile unserer Stadt steht. Nur das Einzelobjekt Mittlere Mühlstraße 10 ist noch älter (vgl. separate Objektbeschreibung).
Das Anwesen entsprach ursprünglich sowohl hinsichtlich historischer Entwicklung, Größe und Bebauung weitgehend den benachbarten Objekten Nr. 17 bis 21. (vgl. separate Objektbeschreibungen). Die erste notarielle Urkunde, welche wir einsehen konnten, stammt vom 17.08.1858, als das Anwesen (damals Nr. 238) aufgrund testamentarischer Bestimmung von der verstorbenen Anna Katharina Geiß geb. Eisinger, Witwe des Johann Jakob Geiß, auf deren „Schwersohn“ (= Schwestersohn), den „Bürger und Landwirth“ Michael Göbelt III übertragen wurde. Letzterer kaufte am 11.06.1869 das benachbarte Anwesen Nr. 239 zum Preis von 2.250 Gulden hinzu. Im notariellen Vertrag wurden u.a. folgende Kaufbedingungen vereinbart „1. Die Bezahlung des Kaufschillings (= altes Wort für Kaufpreis) geschieht sogleich bar ohne Zins“; 2. „Das Haus kann mit allem was band-, wand-, erd-, nied- und nagelfest ist bis zum 1. Juli d.J. bezogen werden“ 3. „In der Wohnstube bleibt der Ofen, in der Küche Herd und Eisenhäfen, in der Scheuer die Gerüststangen“.
Bald danach wurden beide Grundstücke unter der Nr. 657 vereinigt und die neue Größe ermöglichte eine grundlegende Umgestaltung insbesondere des Hofbereiches, wo zunächst im hinteren Teil eine große Scheune über die gesamte Grundstücksbreite erstellt wurde. Der dahinter an der östlichen Grundstücksgrenze gelegene Saustall wurde abgerissen und das Gelände zu einem Hausgarten umgestaltet. Ein neuer Saustall entstand entlang der Südgrenze des Anwesens und zog sich bis zum Wohngebäude hin. An der gegenüber liegenden Seite waren nebeneinander aufgereiht Räume für Kartoffel und Einstreu, ein Plumpsklo und ein Schopf.
Im Jahr 1898 erfolgte der nächste Eigentumsübergang und zwar auf Johann Göbelt, nachdem sein Vater 1896 und seine Mutter Elisabetha geb. Blechert 1897 verstorben waren. Im Jahr 1938 fiel das Anwesen an Eva Maria Kammer geb. Göbelt, die mit dem Landwirt Johann Ludwig Kammer verheiratet war. Nach deren Ableben wurden neue Eigentümer eine Erbengemeinschaft bestehend aus ihrem Ehemann und den beiden Kindern Martha (später verheiratete Kirst) und Käthe, Ehefrau des Landwirts Gustav Härdle.
Aus der genannten Erbengemeinschaft schied 1975 Johann Ludwig Kammer durch Tod aus; an die Stelle von Käthe Härdle trat im Jahr 2004 im Rahmen einer Vorerbschaft ihre Tochter Ilse Grüber, welche 2008 Alleineigentümerin wurde.
Die ursprünglich landwirtschaftlich geprägte Nutzung des Anwesens endete 1958 und fand mit der Übernahme der landwirtschaftlichen Nutzflächen und der Aussiedlung von Käthe und Gustav Härdle in die Seewaldsiedlung im Jahr 1960 ihren Abschluß. Daraus entwickelte sich seither der bekannte „Johanneshof“.
Bald danach wurden im Zuge der „Sanierungsmaßnahmen Obere Hauptstraße“ alle Gebäude im Hof abgerissen, zumal die Geschwister Ilse, Adolf und Dorothee Berufe außerhalb der Landwirtschaft ergriffen hatten.
Der linke (nördliche) Teil des Wohngebäudes wurde bis 1974 als Ausstellungsraum der benachbarten Firma Fäth genutzt, danach zum Ladenlokal umgebaut, bis 1976 vermietet an ein Unternehmen aus Mannheim und anschließend an eine Familie Etzel, die dort Tabakwaren und Zeitschriften verkaufte. Seit dem Jahr 2002 wird in diesen Räumlichkeiten eine Niederlassung des „Johanneshof“ betrieben, in der regionale Produkte, Obst und Gemüse angeboten werden.
Der rechte (südliche) Teil wurde ab 1969 ebenfalls vermietet und beherbergte seither nacheinander eine Zahnarztpraxis, ein Architektenbüro sowie eine Versicherungsagentur. Seit 1983 nutzt ein Anwalt die Räume für seine Kanzlei.
Das große Hofgelände hinter dem früheren Wohnhaus ist durch die schon immer vorhandene Einfahrt leicht zu erreichen und dient jetzt als Parkplatz für die gewerblichen Mieter und deren Kunden.
Verfasser Horst Eichhorn, unterstützt durch Adolf Härdle
Stand April 2013